Team Canvas: Gemeinam Klarheit schaffen
Ein Team startet mit Energie, Motivation und guten Absichten und trotzdem läuft es dann manchmal nicht rund. Aufgaben bleiben liegen, Missverständnisse entstehen, Erwartungen sind unklar. Oft liegt das gar nicht an den Menschen, sondern daran, dass nie wirklich gemeinsam besprochen wurde, wie das Team eigentlich zusammenarbeiten will.
Das Team Canvas ist eine einfache und zugleich sehr wirksame Methode, um genau das zu tun: innehalten, gemeinsam hinschauen und sichtbar machen, was das Team ausmacht, wofür es steht, was es erreichen will und wie es miteinander arbeiten möchte.
Was ist das Team Canvas?
Das Team Canvas wurde ursprünglich von Alex Ivanov und Mitya Voloshchuk entwickelt, inspiriert vom bekannten Business Model Canvas. Statt ein Geschäftsmodell zu skizzieren, hilft das Team Canvas dabei, die Zusammenarbeit im Team bewusst zu gestalten.
Es besteht aus mehreren Feldern, die verschiedene Perspektiven auf das Team abbilden. Typischerweise geht es dabei um Fragen wie:
Warum gibt es uns als Team?
Welche Werte sind uns wichtig?
Was wollen wir erreichen, kurz- und langfristig?
Wer übernimmt welche Rolle?
Was brauchen wir voneinander, um gut arbeiten zu können?
Wie wollen wir miteinander umgehen?
Das Canvas macht sichtbar, was oft nur unausgesprochen in den Köpfen liegt und bringt es auf den Tisch. Es geht dabei nicht um richtige oder falsche Antworten, sondern um das Gespräch selbst. Das Team Canvas ist im Kern ein moderierter Dialog über das, was für die Zusammenarbeit wesentlich ist.
In manchen Teams entstehen beim ersten Ausfüllen Aha-Momente: Eine Person formuliert zum ersten Mal klar, was sie vom Team erwartet, oder jemand spricht offen an, dass die Teamziele für sie gar nicht so klar sind, wie alle dachten. Genau darin liegt der Wert dieser Methode.
Warum das Team Canvas so hilfreich ist
In meiner Arbeit mit Teams erlebe ich immer wieder, dass viele gar kein gemeinsames Bild davon haben, wer sie eigentlich als Team sind. Alle arbeiten engagiert, aber jede und jeder aus einer etwas anderen Perspektive. Das Team Canvas schafft einen gemeinsamen Referenzpunkt, ein gemeinsames Verständnis von Sinn, Ziel und Zusammenarbeit.
Indem ihr das Canvas gemeinsam ausfüllt, sprecht ihr über Dinge, die sonst selten zur Sprache kommen: Erwartungen, Werte, Verantwortlichkeiten. Oft sind es diese Gespräche, die verhindern, dass Konflikte später eskalieren. Das Canvas gibt euch einen sicheren Rahmen, um genau das anzusprechen, was sonst schnell zu emotional oder zu abstrakt wirkt.
Es geht nicht darum, alles perfekt zu definieren, sondern ein gemeinsames Verständnis zu schaffen. Genau das verändert oft schon viel: das Klima, die Kommunikation, das Vertrauen. Ein Team, das sich über seinen Zweck, seine Ziele und seine Spielregeln einig ist, arbeitet nicht nur effizienter, sondern auch mit mehr Energie und Gelassenheit.
Das Canvas ist weniger ein Dokument, das am Ende an der Wand hängt, sondern vielmehr ein Gesprächsprozess. Es bietet einen Rahmen, um über das zu sprechen, was euer Miteinander prägt – und diesen Rahmen könnt ihr immer wieder aufs Neue nutzen.
Wie ihr das Team Canvas einsetzen könnt
Am stärksten wirkt das Canvas, wenn ihr euch bewusst Zeit dafür nehmt, zum Beispiel in einem gemeinsamen Workshop. In diesem Rahmen lässt sich der Prozess gut moderieren, alle kommen zu Wort und das Team kann in Ruhe reflektieren. Eine externe Moderation hilft zusätzlich, dass der Austausch strukturiert bleibt und auch kritische Punkte offen angesprochen werden können.
Ein Team-Workshop mit dem Canvas dauert meist zwischen vier und acht Stunden. Je nach Tiefe der Gespräche kann es hilfreich sein, die Arbeit in zwei Runden zu teilen: Zuerst eine inhaltliche Klärung (Ziele, Rollen, Erwartungen), dann eine Reflexion über Zusammenarbeit und Werte. Viele Teams erleben gerade diese zweite Runde als besonders intensiv, weil sie spüren, dass sie einander besser verstehen.
Aber manchmal ist diese gemeinsame Zeit schwer zu finden. Auch dann kann das Team Canvas wertvoll sein. Ihr könnt es asynchron entstehen lassen, etwa indem jede Person einzelne Felder vorab digital ausfüllt und ihr anschließend gemeinsam die wichtigsten Punkte diskutiert. So entsteht Schritt für Schritt ein gemeinsames Bild, ohne dass alle gleichzeitig für einen langen Zeitraum im Raum sein müssen.
Wichtig ist, dass ihr auch bei einem asynchronen Prozess regelmäßig innehaltet und das entstehende Bild gemeinsam reflektiert. Das Canvas lebt vom Dialog. Wenn dieser Austausch gut gelingt, kann selbst ein digitaler Prozess erstaunlich verbindend wirken.
Ich empfehle, das Canvas nicht als einmalige Übung zu sehen, sondern als lebendes Dokument. Es darf sich verändern, wachsen und angepasst werden. Teams entwickeln sich, und das Canvas sollte natürlich genau das widerspiegeln. Manche Teams holen ihr Canvas einmal im Quartal hervor und überprüfen, was noch passt und was sich verändert hat. Andere integrieren einzelne Felder in ihre Retrospektiven, um kontinuierlich am gemeinsamen Verständnis zu arbeiten.
Viele Teams, die ich begleite, sind überrascht, wie viel Energie entsteht, wenn sie sich bewusst Zeit für solche Gespräche nehmen. Themen, die lange zwischen den Zeilen standen, werden endlich ausgesprochen. Rollen werden klarer, Erwartungen realistischer. Und oft entsteht ein neues Gefühl von „Wir“.
Ein Beispiel: In einem neu zusammengesetzten Projektteam kam im Canvas-Gespräch plötzlich zur Sprache, dass einige sich gar nicht als „ein Team“ verstanden, sondern eher als lose verbundene Expert*innengruppe. Erst durch diesen Austausch wurde klar, warum Entscheidungen so zäh waren. Nach dem Workshop formulierte das Team eine gemeinsame Mission und definierte klare Kommunikationswege. Wenige Wochen später berichteten sie, dass sich ihre Zusammenarbeit verändert hatte – ohne dass sich formal etwas an Strukturen oder Prozessen geändert hätte.
Das Team Canvas ist kein komplexes Modell und keine Modeerscheinung. Es ist ein einfaches, wirkungsvolles Werkzeug, um die Zusammenarbeit bewusster zu gestalten. Es hilft Teams, Klarheit zu schaffen, Vertrauen zu stärken und ihre gemeinsame Richtung zu finden.
Wenn ihr Lust habt, das Team Canvas mal auszuprobieren, ob in einem kompakten Workshop oder als begleitenden Prozess über mehrere Wochen, unterstütze ich euch gern dabei. In kurzer Zeit entsteht oft erstaunlich viel Verständnis, Verbindung und Klarheit.