Was macht ein Agile Coach – und was nicht?

Es ist so ein bisschen wie mit dem Begriff „Coach“ an sich: Alle haben ein Bild davon. Manche stellen sich Post-its und Daily Standups vor, wenn sie “Agile Coach” hören. Andere denken an Gruppenprozesse, Feedbackgespräche oder Menschen, die an Whiteboards rumfuchteln und mit vollem Körpereinsatz Moderationskarten sortieren. Und wieder andere? Die denken, ein Agile Coach kommt, sagt, wie es geht – und dann wird agil gearbeitet. Zack, fertig.

Spoiler: So einfach ist es nicht.

Die Erwartung: Ein*e Agile Coach, der/die alles weiß

Ich habe schon oft erlebt, dass ich zu Beginn einer Zusammenarbeit erst mal die Rolle klären darf oder sogar dringend muss. Weil da jemand sitzt, der hofft, dass ich jetzt eine komplette agile Struktur aus dem Ärmel ziehe. Oder eine Anleitung mitbringe, wie Scrum “richtig geht”. Oder einfach mal schnell das Team motiviere. Und klar: Ich kann erklären, was Scrum ist. Ich kann auch helfen, die passende Methode zu finden. Aber: Das ist nicht mein Job. Jedenfalls nicht im Kern.

Der eigentliche Job: Räume schaffen

Agiles Coaching bedeutet für mich, Räume zu schaffen. Räume, in denen Teams sich selbst reflektieren können. In denen wir gemeinsam anschauen, was eigentlich gerade läuft und was nicht. Wo wir blinde Flecken sichtbar machen, Kommunikationsmuster hinterfragen, Zusammenhänge verstehen.

Ich bringe keine Checkliste mit, sondern ein Gespür dafür, wo das Team steht. Und ich stelle Fragen, die manchmal unbequem sind. Zum Beispiel:

„Was hält euch davon ab, Verantwortung wirklich zu übernehmen?“
Oder:
„Was würde passieren, wenn ihr diesen Konflikt nicht klärt?“

Agile Coaching ist keine Checkliste und kein fertiger Masterplan – sondern echte Begleitung mit Haltung. Im Bild: Teamwork auf Augenhöhe, mitten im Prozess.

Ich bin Begleiterin, Sparringspartnerin, Impulsgeberin. Manchmal Übersetzerin. Aber ich bin nicht die Lösung. Die liegt – meistens – im Team selbst.

Was ist eigentlich agil an diesem Coaching?

Gute Frage. Und die ehrliche Antwort: Es ist nicht die Methode. Es ist die Haltung.

Agiles Coaching heißt nicht, dass alles agil genug ist, wenn Scrum läuft und das Board bunt ist. Sondern dass wir gemeinsam immer wieder hinschauen: Wo stehen wir? Was funktioniert? Was nicht mehr? Was braucht es jetzt?

Ich arbeite iterativ. Das bedeutet: Wir planen nicht alles im Voraus, sondern justieren unterwegs. Ich gebe keine Blaupause vor, sondern begleite dabei, den eigenen Weg zu finden. Ich gehe davon aus, dass Teams kompetent sind – und dass Entwicklung dann stattfindet, wenn man sich erlaubt, offen zu bleiben. Für neue Perspektiven. Für Irritation. Für Veränderung.

Agil ist das Coaching also nicht, weil ich agile Methoden erkläre. Sondern weil ich in meiner Begleitung die gleichen Prinzipien lebe, die ich Teams vermittle: Selbstverantwortung, Transparenz, Feedback, Lernen in Zyklen.

Und genau das macht den Unterschied.

Was ich oft tue – und warum es nicht nach Coaching aussieht

Agile Coaching ist nicht immer nur Fragenstellen. Manchmal moderiere ich einen Workshop. Manchmal mache ich Vorschläge, weil das Team nicht weiterkommt. Und manchmal halte ich die Energie, wenn alles chaotisch wird. Das sieht dann von außen gar nicht so „coachingmäßig“ aus – ist es aber trotzdem.

Denn der Unterschied liegt nicht in der Methode, sondern in der Haltung. Ich arbeite nicht für das Team, sondern mit dem Team. Ich drücke nichts durch, sondern lade ein, auszuprobieren. Ich gebe nicht die Richtung vor – ich helfe, den Weg zu sehen.

Was ich nicht bin – und warum das wichtig ist

Ich bin nicht:

  • Projektmanagerin, die Deadlines kontrolliert.

  • Scrum Masterin, die Meetings organisiert.

  • Unternehmensberaterin, die ein Konzept überstülpt.

  • Change Managerin mit fertigem Masterplan.

Ich bin auch nicht die Feelgood-Managerin, die für gute Laune sorgt. Agiles Coaching ist kein Wellnessprogramm. Es kann unbequem sein. Es geht um Veränderung, Verantwortung, Reflexion. Und manchmal tut das weh.

Was bleibt, wenn wir ehrlich hinschauen

Ein Agile Coach kommt nicht, um das Team zu reparieren. Sondern um gemeinsam zu verstehen, was es gerade wirklich braucht. Das kann eine Methode sein oder ein klärendes Gespräch. Oder die Erkenntnis, dass Agilität nicht heißt, alles über Bord zu werfen, sondern bewusster miteinander zu arbeiten.

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