Das In/Out Exercise: Ein einfacher Startpunkt für ehrliche Teamgespräche

Es gibt Dinge, die in Teams einfach „irgendwie” laufen. Jeder weiß, dass sie nicht ideal sind, aber niemand spricht sie an. Warum auch? Es gibt ja Wichtigeres: Deadlines, Kund*innentermine, das große Projekt, das eh schon im Verzug ist.

Und dann gibt es diesen einen Workshop, in dem plötzlich Sätze fallen wie: „Mich stört, dass wir ständig Meetings verschieben“, „Ich fände es gut, wenn wir mehr Raum für leise Stimmen hätten“, „Bitte keine Gruppenchats mehr nach Feierabend.“

Ein solcher Moment kann ein Augenöffner sein. Und genau dafür ist das In/Out Exercise da.

Was ist das In/Out Exercise?

Person schreibt mit einem Stift auf eine gelbe Moderationskarte, daneben liegen weitere Karten und Stifte auf einem Holztisch. Text: „Was soll rein und was soll raus? Das In/Out Exercise für ehrliche Teamgespräche.“

Das In/Out Exercise ist simpel. Zwei Kategorien, die das gesamte Team-Miteinander abbilden:

  • IN: Das wollen wir fördern. Mehr davon, bitte.

  • OUT: Das wollen wir vermeiden. Darauf können wir gut verzichten.

Es wirkt unscheinbar und genau das macht es so kraftvoll. Es zwingt niemanden zu langatmigen Diskussionen über „Werte“ oder „Kultur“, sondern bringt die Dinge auf den Punkt.

Warum Teams dieses Gespräch brauchen

Die meisten Teams sind unglaublich gut darin, über fachliche Themen zu reden. Wer was bis wann erledigt, wie der Prozess optimiert werden kann und welche Tools noch fehlen.

Aber wenn es um die Zusammenarbeit an sich geht – um Erwartungen, Bedürfnisse, Grenzen – herrscht oft Schweigen. Warum? Weil es unbequem ist, weil niemand als schwierig gelten will, weil wir meinen, dass Erwachsene „das untereinander schon irgendwie regeln“.

Spoiler: Tun sie nicht. Nicht ohne einen Rahmen, der dieses Gespräch möglich macht.

So funktioniert das In/Out Exercise

Vorbereitung

Du brauchst kein schickes Setup:

  • ein Flipchart oder Whiteboard mit zwei Spalten oder Kreisen – IN und OUT

  • Moderationskarten oder digitale Post-its

  • eine Person, die die Moderation übernimmt

Ablauf

1. Individuelle Reflexion

Jede Person schreibt für sich auf:

  • Was wünsche ich mir im Team? (IN)

  • Was möchte ich weniger oder gar nicht erleben? (OUT)

Tipp: Ermutige die Teilnehmenden, auch vermeintlich kleine Dinge aufzuschreiben. Es sind oft genau diese Details, die den Unterschied machen.

2. Vorstellen und einsortieren

Alle bringen ihre Karten mit ins Plenum. Nacheinander werden sie vorgelesen und den Kategorien zugeordnet.

3. Gemeinsamer Dialog

Jetzt wird’s spannend: Wo sind wir uns einig? Wo gibt es unterschiedliche Vorstellungen? Es geht nicht um Konsens um jeden Preis. Es geht darum, Unterschiede sichtbar zu machen und darüber ins Gespräch zu kommen.

4. Konkrete Schritte ableiten

Am Ende sollte das Team 2–3 Punkte festhalten, die es direkt angehen will. Mehr wären unrealistisch: Veränderung vollzieht sich in kleinen Dosen.

Was macht das Format so wirksam?

Das In/Out Exercise …

  • holt unausgesprochene Erwartungen ans Licht

  • baut Vorbehalte ab, bevor sie zu Konflikten werden

  • gibt dem Team die Chance, gemeinsam Regeln für das Miteinander zu entwickeln

Es ist kein Zauberstab, der alle Probleme löst. Aber es ist ein Anfang und oft ein Anfang, der lange nachwirkt.

Wann ist das In/Out Exercise hilfreich?

  • Wenn neue Teams oder Projekte starten

  • Nach turbulenten Phasen, um wieder Klarheit zu schaffen

  • Wenn unterschwellige Spannungen spürbar sind, aber keiner sie anspricht

  • Als Bestandteil regelmäßiger Reflexionen, weil sich Erwartungen verändern können

Mein Blick als Coach

Ich habe schon Teams erlebt, die das In/Out Exercise zu Beginn zögerlich angehen. „Können wir nicht gleich zu den Aufgaben?“ ist ein beliebter Satz. Und dann, nach 20 Minuten, ist der Knoten geplatzt: Menschen fangen an, ehrlich über ihr Erleben zu sprechen.

Mein Tipp: Mach das Format nicht zu groß. Es muss nicht gleich ein halber Tag sein. Schon 90 Minuten reichen, um wichtige Themen anzustoßen.

Das In/Out Exercise ist eines von vielen Formaten, die Teams helfen, psychologische Sicherheit aufzubauen. Im Praxisguide „Praxistools für psychologische Sicherheit“ findest du neun weitere Workshop-Formate – alle mit klaren Abläufen, Reflexionsfragen und Moderationstipps.

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Praxisguide: Psychologische Sicherheit erkennen und fördern